Rund 80 bis 100 Kilogramm Lebensmittel wirft jeder Deutsche pro Jahr weg – obwohl viele der Produkte noch genießbar wären. Das Problem: Hat ein Produkt das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten, landet es bei vielen Verbrauchern reflexartig im Müll. Dabei ist das Datum nur ein Gütesiegel, das angibt, wie lange die Lebensmittel bei richtiger Lagerung ihren Geschmack, ihren Geruch, die Konsistenz und die Farbe behalten. Das Datum wird vom Hersteller festgelegt – er haftet bis zu diesem Zeitpunkt und sichert sich so gegen Regressansprüche. Da die Produzenten jedoch immer große Sicherheitspuffer einbauen, heißt das, dass die Lebensmittel im Grunde deutlich länger haltbar sind als auf der Verpackung angegeben.

Politik fordert Abschaffung des Datums für bestimmte Produkte

Bild: Pixabay/maxmann
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Um die Lebensmittelverschwendung einzudämmen, setzen sich immer mehr Menschen, beispielsweise der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Christian Schmidt (CSU), daher für eine Modifizierung des Mindesthaltbarkeitsdatums ein. Gerade bei Produkten, die nicht verderblich oder zumindest sehr lange haltbar sind – wie Reis, Nudeln, Kaffee oder Tee – ist ein Mindesthaltbarkeitsdatum nach Meinung des Politikers nicht sinnvoll und sollte abgeschafft werden. Für verderbliche Lebensmittel möchte er das aufgedruckte Mindesthaltbarkeitsdatum außerdem zu einer qualifizierteren Verbraucherinformation weiterentwickeln: Über einen Chip auf der Verpackung soll der Verbraucher künftig erfahren, ob das Produkt noch genießbar ist. 

Intelligente Verpackung dank elektronischem Mindesthaltbarkeitsdatum

Bild: Pixabay/auntmasako
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Der Chip, der von Wissenschaftlern der Universität Münster entwickelt wurde, ist im Grunde eine physikalisch-chemische Uhr, die neben der Lagerzeit auch die Temperatur berücksichtigt. Eine Farbskala von Grün bis Rot zeigt entsprechend an, wie frisch der Inhalt ist. Das heißt, wenn die Kühlkette – beispielsweise während des Transports – unterbrochen wurde, erkennt der Chip dies und die Skala erreicht früher den roten Bereich. Bislang hat sich das elektronische Mindesthaltbarkeitsdatum allerdings nicht durchgesetzt. Ein Grund ist, dass die Produktion und das Anbringen des Chips Zusatzkosten für die Hersteller bedeuten. Im hart umkämpften Lebensmittelmarkt sind da oftmals schon Centbeträge ausschlaggebend. Skeptiker betonen außerdem, dass die Fertigung des elektronischen Mindesthaltbarkeitsdatums ressourcenschonend ablaufen müsste, ohne dass zusätzlicher Müll entsteht.

 Würde die Abschaffung des Mindesthaltbarkeitsdatums etwas ändern?

Bild: Pixabay/auntmasako
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Während Kritiker des Mindesthaltbarkeitsdatums die Abschaffung als gute Maßnahme für weniger Lebensmittelverschwendung sehen, argumentieren Befürworter, dass derzeit auch sehr viele Lebensmittel weggeworfen werden, die kein Mindesthaltbarkeitsdatum haben. Hierzu gehören beispielsweise Brot, Obst und Gemüse. Ihrer Meinung nach müsste man stattdessen mehr an der Aufklärung arbeiten. Dass hier noch Handlungsbedarf besteht, zeigt eine Umfrage der Europäischen Kommission: Demnach wissen zwar bereits 51 Prozent der Deutschen, dass das Lebensmittel auch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums noch verzehrt werden kann, 42 Prozent glauben allerdings auch, dass das Produkt auch nach Ablauf des Verfallsdatums noch genießbar ist.

Alternative Maßnahme: Aufklärung in Schulen

Bild: Pixabay/Evelynlo
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Um alle Fragen rund um das Essen zu klären und die Wertschätzung für Lebensmittel zu steigern, fordern einige Politiker – unter anderem auch Christian Schmidt – deshalb, das Thema Ernährung als festen Bestandteil in die Lehrpläne von weiterführenden Schulen zu integrieren. Das hätte den Vorteil, dass die Kinder schon früh für den richtigen Umgang mit Lebensmitteln sensibilisiert würden. Denn neben dem Unwissen zum Mindesthaltbarkeitsdatum führen auch ein falsches Einkaufsverhalten und unsachgemäße Lagerung dazu, dass Essen weggeworfen wird. Ein ähnlicher Vorstoß von Renate Künast (Grüne), der Vorgängerin von Christian Schmidt, wurde von der Vorsitzenden der Kultusministerkonferenz allerdings abgelehnt. Die Begründung: Das Thema Ernährung sei bereits Bestandteil der Lehrpläne und werde fachübergreifend aufgegriffen. Ein eigenes Schulfach sei nicht nötig.

Aktueller Stand der Debatte

Seit Jahren setzt sich das Landschaftsministerium bereits für eine Änderung des Mindesthaltbarkeitsdatums ein – im Jahr 2014 gab es beispielsweise schon eine entsprechende von Deutschland unterstützte Initiative auf EU-Ebene. Dennoch hat die EU-Kommission bisher noch keinen Vorschlag für eine Reform gemacht. Laut Tagesspiegel möchte Brüssel erst noch die Ergebnisse einer Studie abwarten, die untersucht, wie die Produzenten und Lebensmittelkontrolleure die Haltbarkeitsangaben festlegen und handhaben. Mit ersten Ergebnissen rechnet man noch in diesem Jahr.